Kerbespruch
1948
Heute soll
ein großes Fest gefeiert wern;
so grüßen
wir euch von Nah und Fern.
Ein ganzes Jahr ist wieder vorbei -
so’ne Kerb müsste eigentlich öfters esein.
Heut woll’n wir fröhlich sein und Kerb halte,
drum
vergesst eure Sorgen und lasst Frohsinn wallte.
Bärstadter
Kerb, weit und breit bekannt,
drum kamen
sie auch weit her aus dem Hinterland.
Seid
nochmals willkommen recht herzlich
zur Bärstadter Kerb 1948.
Drum ihr
Musikanten, packt die Hörner fest,
und Tusch
für die Kerwegäst. – V i v a t
Vom 47er Kerwefest will ich nichts mehr sagen,
sondern,
was sich in unserem Dorf hat zugetragen.
Aber ich will doch stark hoffen,
dass sich
nachher keiner fühlt betroffen.
Mit der
Prominenz will ich heut beginnen –
manchmal könnt man meinen, sie tät spinnen. – V i v a t
Die neue
Gemeindevertretung hatte schwere Tage;
die Bürgermeisterwahl war für sie eine Plage.
Dreimal
haben sie gewählt und sich geschunden
und doch haben sie keinen anderen gefunden.
So macht er
nun weiter im alten Trott,
aber der Kassenschrank
ist leer, o Gott, o Gott;
der Tag X kam heran, o welch ein Graus,
und alle
gesparten Gelder gingen aus.
Die
Währungsreform kam und alles wurde neu,
nur die
Dorfstraße blieb alt und geht weiter entzwei;
die
Autohalle kommt langsam in Stand,
ein paar Mal verlief die Sach’ schon im Sand. – V i v
a t
Ein
Staatsbeamter, hübsch und fein,
hat schon
ein ziemlich großes Töchterlein.
Sie hat zu
einem Burschen Neigung
und so entstand die Fensterbesteigung.
Doch später
hatt’ der jungen Mann Pech;
denn eines
Tages war das Töchterlein weg.
Eine Zeit
später kam es dann raus:
Es war ja nur ein kalter Schmaus;
zwei Frauen im Haus, und das ist schlecht;
denn es will ja jede kommen zu ihrem Recht. – V i v a t!
Was nun
kommt ihr Leut’, passt acht,
das war
unsere letzte Faßenacht.
Ein Fräulein
kam aus Übersee hierher
und alles ging erst ohne Malheur.
Ein Bursche
hatt’ die Sache gleich erfasst,
und bekam
einen neuen Anzug verpasst.
Dies war
nicht viel für die Müh’ und Qual;
denn eines
Tages kam der große Knall.
Die Lady
ging zurück wieder über’s Meer,
mein altes
Liebchen, komm du wieder her. – V i v a t!
Die Lady
aus den USA das war’ne große, breite,
doch wenn
man eine werden will, erlebt man eine Pleite.
In uns’rem Dorfe wohnt ´ne Frau – so´ne
hübsche, kleine -
eine Lady wär sie gar so gern – und wird doch wohl
keine.
Zwei Jahre reist die arme Frau schon über’s große Wasser,
doch über
die Straße kam sie nur, und dies ging etwas rascher.
Wäre sie
erst siebzehn, hätte man sie genommen; -
So ist sie
bald siebzig und braucht nicht mehr zu kommen. – V i v a t!
Nun kommt
etwas, ihr Leut’ gebt acht,
es geschah
nach finsterer Mitternacht.
Eine Taxi
kam gefahren, früh um vier,
ihr
entstiegen ein Mann und eine Frau – beide von hier.
Er raste in’s Haus und schließt auf Kommod’ und Schränke;
denn es
fehlt ihm noch an de Penke, Penke.
Der
wirkliche Ehemann tut nicht fluchen,
er meint
gelassen, o hört ihr Leute,
sie hat ja
mein Hemd und meine Unterhosen an heute. – V i v a t!
Eine Fahrt
nach Frankfurt ist ganz schön,
würde es
nur nicht so früh heimwärts gehen.
Die
Bauernschau war sehr interessant,
doch
heimwärts haben die Fischbrötchen gebrannt;
so wurde in Hochheim eingekehrt
und manches Glas Wein geleert.
Nach
mehrmaligem Zureden waren die Trinker nach Hause zu bewegen
und wäre man nicht in Fahrt geblieben,
so hätte
sich noch mancher in Martinsthal rumgetrieben.
– V i v a t!
Auch der
junge Wirt tut seines Amtes walten,
unter
seinem Zepter wird dieses Jahr Kerb gehalten.
Die
Heiratsanträge gehen ein in großer Zahl,
doch gar zu
schwer fällt ihm die Wahl.
Hat er dann
eine heimgeführt
und sich nicht mit ihr angeschmiert,
wird er ein
neues Schild erstehen,
dass ein
jeder kann von weitem sehen,
und es wird
leuchten von fern:
Gasthaus
zum Schneiderkonzern. – V i v a t!
Unser
Gesangverein ist wieder aufgewacht,
man hört
sie singen bei Tag und Nacht.
Das
Wettsingen von Wörsdorf war der beste Beweis:
Sie hätten beinah gekriegt den zweiten Preis.
Aber wenn
sie noch weiter fließig übe und singe,
wernn sie
es nächste Jahr bis zum erste bringen. – V i v a t!
Eine sehr
beachtenswerte Person
feiert dieses Jahr ihr Vierzigstes schon:
Die Hauser Amme, die volle und schlanke,
der mir hawe unsere Lewe zu verdanke.
Sie hat
vierzig Jahr mit dem Klapperstorch gerunge,
drum hat
ihr der gemischte Chor auch nachts um 12 Uhr gesunge.
– V i v a t!
Nun die
Feuerwehr schafft samt ihrem Kommandant
mit der Bürgerschaft Hand in Hand.
Ein Glück,
dass es in diesem Jahr nicht hat gebrennt,
sonst hätt’ die ganze Feuerwehr geschennt;
kein Wasser zum Löschen und nichts zum Spritzen,
da müssen
sie halt bei Trockenübungen schwitzen.
Ihr
Musikanten: Für Schutz und Ehr
einen Tusch für die Feuerwehr. – V i v a t!
Jetzt eins
möchte ich euch bitten ihr Leut’;
Vertragt
euch auf unserem Kerwefest heut!
Auf der
letzten Musik wollte sich zwei schlage,
da hatt’ einer eine b l a u e s Auge davongetrage;
denn beim schönsten Krach kommt nicht heraus;
wer Krach
mache will, bleibet besser zuhaus. – V i v a t!
Willst du
in den Himmel rein
musst ein richt’ger Engel sein;
doch auf eine andre Weise
kannst du gehen auf diese Reise.
Will’s dir
mit 9 Stück nicht gelingen
kannst du mit 20 den Schwan zum Sinken bringen.
Nach ein
paar Stunden erhebt sich der betäubte Geist;
denn er war nur nach Schwalbach gereist. – V i v a t!
Etwas habe
ich noch zu melle:
Das ist unsere begehrte Kartenstelle.
Hast bei
dieser was zu erledigen,
musst du
eine Voranmeldung tätigen;
kommst du
etwas ungelegen,
ist
Fräulein Kartenstelle nicht zugegen.
Sie geht manchesmal ja aus
und ist oft tagelang nicht zu Haus.
Doch ihre
Mutter ist informiert
und die Antragsteller sind schnell hinausbugsiert. – V i v a t!
Nun komm
ich zu den nettesten Leutchen:
Das sind heut unsre Kerwebräutchen.
Frisch und
gesund, wie Zucker und Zimt;
mir hoffe,
dass auch morgen die Richtung noch stimmt.
Zu vergesse
sind nicht die Keweborsch:
De Franz, de Gustav, de Karl und de Schorsch;
mit Schnabelschuh und Bügelfalte
wird in Bärstadt die Kerb gehalte.
Aber jetzt
ihr Musikanten rasch
der Bascheder Kerwemarsch.
– V i v a t!
Ich hatte
mich bald vermesse
und meinen Mundschenk ganz vergesse;
denn Mundschenk sein, das ist nicht leicht,
doch unser
Lange, der ist geeicht,
dem braucht
man erst gar nicht zu winken,
der tut
sein Glas von selber leer trinken.
Und weil du
so treulich warst bisher
trink für mich das Gläschen leer. – V i v a t!
Auch unsere
Musikante dort,
die lauern
auf ein gutes Wort.
Ihr macht
euer Sach’ immer recht gut,
dass man
nie auf euch schimpfen tut.
Jetzt
spielt, trommelt und blast recht fein,
macht
zwischendurch kein’ Fehler rein.
Zu trinken
gereicht mir die Ehre noch:
Die Musikante lebe hoch! – V i v a t!
Mein Spruch
ist aus, aber geht nicht nach Haus,
sondern
kommt in den Saal hinein, um zu versuchen den guten Wein;
lasst ihn
euch schmecken bis zur Früh,
wer weiß ob
wir nächst’s Jahr noch was kriehe.
Drum lebe
hoch die Bascheder Kerb;
uff Wiedersehn bis nächstes Jahr,
wann ich net frieher sterb’.
– V i v a t!
J u c h h u u u
u u u
u!